Wildeshausen. Ein fehlender sozialer Rückhalt, finanzielle Notlage oder schlichtweg Überforderung – es gibt viele Gründe für Frauen, warum sie eine Schwangerschaft geheim halten wollen. Um ihnen trotzdem die Möglichkeit einer medizinisch betreuten Geburt zu bieten, gibt es seit Mai die „vertrauliche Geburt“ in Deutschland, die auch am Johanneum in Wildeshausen angeboten wird.
Seit rund einem halben Jahr haben Frauen neben der Babyklappe oder einer anonymen Geburt zusätzlich die Möglichkeit, bei einer so genannten vertraulichen Geburt ihr Kind zur Welt zu bringen und es in fachliche Obhut zu geben. Im Mai trat dazu eine neue Gesetzregelung in Kraft. Auch die Beratungsstelle Donum Vitae in Wildeshausen bietet die vertrauliche Geburt in Zusammenarbeit mit dem Johanneum an. Über die Besonderheiten dieser Möglichkeit zur Entbindung haben jetzt beide Einrichtungen informiert.
„Es ist wichtig, dass eine medizinisch betreute Entbindung gesichert ist, ohne dass Frauen ihre Anonymität aufgeben müssen“, sagte Sozialpädagogin Brigitte Meyer-Tönjes von Donum Vitae. Wer sich für die vertrauliche Geburt entscheidet, muss, anders als bei der anonymen Geburt, einmal seine Ausweis-Daten an eine zertifizierte Beraterin geben, die an die gesetzliche Schweigepflicht gebunden ist.
Die Personalien der Mutter werden in einem versiegelten Umschlag an das Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben übermittelt, wo die Daten verwahrt werden. „Einer der Vorteile dabei ist, dass das Kind im Alter von 16 Jahren seine Herkunft erfahren kann, wenn es möchte“, erklärte Brigitte Meyer-Tönjes. Das sei bei Babyklappe oder anonymen Geburten nicht möglich und somit das Recht des Kindes auf Kenntnis der eigenen Abstammung nicht gegeben.
Unter einem Pseudonym werden die Frauen anschließend weiter auf die Entbindung vorbereitet und auch im Krankenhaus zur Geburt angemeldet. Einen Namen für ihr Neugeborenes dürfen sie ebenfalls vorschlagen. Ob das Kind nach der Geburt zur Adoption frei gegeben wird oder sie es doch behalten will, bleibt der Mutter selbst überlassen. „Natürlich kann man sich auch erst unmittelbar vor der Entbindung im Krankenhaus für die vertrauliche Geburt entscheiden“, sagte die Beraterin. In dem Fall würde das Johanneum sich mit der Beratungsstelle in Verbindung setzen und die Berater könnten dann im Krankenhaus vor Ort die schwangere Frau begleiten und betreuen.
Wer sich frühzeitig für eine vertrauliche Geburt entscheidet, wird auch schon während der Schwangerschaft betreut, mit allen nötigen Informationen versorgt oder zu Vorsorgeuntersuchungen gebracht. „Auf Wunsch begleiten wir Frauen natürlich auch noch nach der Geburt weiter“, erklärte Brigitte Meyer-Tönjes. Die Kosten für die vertrauliche Geburt übernehme dabei komplett das Bundesamt. Das Angebot gelte für alle Frauen, unabhängig von Alter oder Nationalität.
Bislang habe es in der Stadt Wildeshausen allerdings noch keine vertrauliche Geburt oder Nachfrage nach dieser gegeben, berichtete Brigitte Meyer-Tönjes. Die Beratung von den Mitarbeitern des Vereins Donum Vitae werde grundsätzlich aber sehr gut angenommen. Vielleicht braucht diese zusätzliche, neue Option für werdende Mütter also auch einfach etwas Zeit, um anzulaufen.
Weitere Informationen zur vertraulichen Geburt gibt es im Internet unter www.geburt-vertraulich.de, bei der bundesweiten Hotline unter der Telefonnummer 08 00 / 404 00 20, von wo aus die Betroffenen dann direkt an die Beratungsstellen vor Ort weitergeleitet werden, sowie direkt bei Donum Vitae in Wildeshausen unter der Rufnummer 0 44 31 / 7 32 20.
